Darmstadt/Hessisches Ried. Das diesjährige Motto des Weltwassertages lautet: „Unser Grundwasser, der unsichtbare Schatz“. Grundwasser ist wichtig für die Funktionsweise unserer Ökosysteme, versorgt dabei auch uns Menschen mit wertvollem Trink- und Brauchwasser und stellt ebenso einschränkende Anforderungen an unsere Art zu leben und zu siedeln.
Regierungspräsidentin Lindscheid und der hessische Umweltstaatssekretär Oliver Conz sind am Weltwassertag gemeinsam im Hessischen Ried unterwegs, eine Region in Hessen, in der das Grundwasser von besonderer Bedeutung ist. Große Wasserwerke im Ried versorgen die Bevölkerung in Darmstadt, Frankfurt und auch Wiesbaden. Durch das Bevölkerungswachstum im Ballungsraum wird der Trinkwasserbedarf zukünftig eher zu- als abnehmen. Zugleich sind bestimmte Naturräume von der Verfügbarkeit des Grundwassers abhängig. Der Klimawandel kann die derzeitige Situation noch verschärfen. Umso wichtiger ist es, dass Anstrengungen zum Schutz unseres „Schatzes“, insbesondere im Hessischen Ried intensiviert werden.
„Ich freue mich, dass mit Vertragsunterzeichnung ein weiterer wichtiger Baustein zur Umsetzung von Maßnahmen des Runden Tischs Grundwasser Hessisches Ried erfolgt. Die Folgen des Klimawandels machen es umso wichtiger, dass der Wald über lange Zeiträume mit ausreichend mit Wasser versorgt wird. Mit dem neu vereinbarten Wassermanagement stellen wir dies sicher. Unser gemeinsames Ziel ist es außerdem das Grundwassermanagement in Einklang zu bringen mit der Umweltvorsorge, dem Schutz der bebauten Gebiete, mit Nutzungsmöglichkeit für die Landwirtschaft sowie den angestrebten Walderhalt und Naturschutz in dieser Region“, sagte Oliver Conz.
Fortführungsvertrag zum Sanierungsprojekt des Darmstädter Westwaldes
In der Umgebung des Darmstädter Westwaldes zeigt sich die Bedeutung des diesjährigen Mottos für den Weltwassertag sehr anschaulich. Jahre der Trockenheit und niedriger Grundwasserstände zeigen ihr Gesicht anhand gestresster Bäume und absterbender Waldbestände. Bebauung in von hohen Grundwasserständen geprägten Gebieten ist ohne besondere Abdichtungsmaßnahmen von Vernässung bedroht. Tief stehendes Grundwasser kann auf der anderen Seite bei entsprechenden Bodenverhältnissen in Setzungen und Gebäudeschäden resultieren. In dieser Gestalt tritt die Bedeutung einer sonst unsichtbaren Ressource in unserer lebendigen und bebauten Umwelt zum Vorschein.
So liegt der Grundwasserspiegel in Teilgebieten von Griesheim und Weiterstadt relativ dicht an der Oberfläche, sodass mit Grundwasserentnahmebrunnen aktiv gegen Vernässung von Kellern vorgebeugt werden muss. Für die Versorgung der Bäume im Waldgebiet Triesch zwischen den beiden Kommunen steht das Grundwasser jedoch zu tief.
Unter dem Leitsatz „die Bebauung schützen und dem Wald und der Landwirtschaft nützen“ ziehen die beiden Kommunen, das Land Hessen sowie die Landwirtschaft gemeinsam an einem Strang. Wasser, welches aus Gründen des Siedlungsschutzes in den Siedlungsgebieten gefördert werden muss, um die Wasserstände hier auf einem ausreichend niedrigen Niveau zu halten, wird der Landwirtschaft zur qualitativ hochwertigen Bewässerung ihrer Kulturen und dem Wald zur möglichst guten Versorgung mit Grundwasser zur Verfügung gestellt.
Um das Wasser in das Waldgebiet Triesch zu transportieren, werden hierfür die Leitungen der landwirtschaftlichen Beregnungsnetze genutzt. Das Land Hessen unterstützt das Vorhaben mit Landesmitteln, welche unter anderem Optimierungen aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit finanzieren. So landet mehr Wasser im Wald und konzentriert sich auf Waldgebiete, die besonders von der Maßnahme profitieren können.
Aufgrund seiner Synergieeffekte kannte dieses Projekt bisher nur Gewinner. Bereits im Jahr 2004 wurde ein erster Sanierungsvertrag aufgesetzt, an welchem auch die Stadt Darmstadt, die Südhessische Energie AG und die Firma Merck beteiligt waren. Die durchweg positiven Erfahrungen führten dazu, dass das Vorhaben einen Pilotcharakter entwickelte, welcher auch ein Vorbild für die Empfehlungen des Runden Tisches zur Verbesserung der Grundwassersituation im Hessischen Ried wurde. Bevor der Vertrag zur ersten Projektphase im Jahr 2017 auslief, wurde im Abschlussbericht des Runden Tisches im Jahr 2015 bereits die Empfehlung gegeben, Optimierungsmaßnahmen für einen fortgeführten Betrieb des Projektes zu erarbeiten. Zwischenzeitlich haben die Kommunen Weiterstadt und Griesheim den Infiltrationsbetrieb in den Wald in großen Teilen aufrechterhalten.
Ein neuer Vertrag berücksichtigt die in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen und festgestellten Optimierungspotenziale, sodass auch in Zukunft anthropogene Nutzung im Raum Griesheim und Weiterstadt mit der Unterstützung des Waldes vereint wird. Mit der geplanten Vertragsunterzeichnung aller Projektbeteiligten am diesjährigen Weltwassertag lässt sich in diesem Sinne optimistisch in die Zukunft des Darmstädter Westwaldes blicken.
Verträge abgeschlossen – Verlängerung der Gewässerschutzberatung bis 2024
Das Motto des Weltwassertags bot sich an, einer weiteren rechtlichen Fixierung im Hessischen Ried einen Rahmen zu geben: Das Regierungspräsidium Darmstadt hat dem Wasser- Boden- und Landespflegeverband Hessen nach einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren den Zuschlag für eine gezielte Gewässerschutzberatung für Landwirte zu einer Reduzierung des Stickstoffeintrags ins Grundwasser für die Jahre 2022 bis 2024 erteilt.
Die Landwirte profitieren unter anderem von Bodenuntersuchungen. Eine Beprobung im Frühjahr dient zur Erstellung einer pflanzenspezifischen Düngeempfehlung und eine weitere Untersuchung im Herbst zeigt, wie viel Stickstoff sich noch im Boden befindet und damit ins Grundwasser ausgewaschen werden kann.
Außerdem informieren die Berater und Beraterinnen mit Rundschreiben und innovativen Feldversuchen zu verschiedenen Themen, wie zum Beispiel Zwischenfruchtanbau und Bodenbearbeitung. Auch Spezialthemen werden aufgegriffen, wie zum Beispiel die Zwischenreihenbegrünung bei Spargel, wobei in den „Tälern“ zwischen den Spargeldämmen der Stickstoff durch die Begrünungsmaßnahmen gebunden werden soll.
Die ersten Erfolge des Projekts zeigen Messergebnisse mit tendenziell sinkenden Stickstoffgehalten im Boden. Bei Getreide wird bereits häufig auf eine dritte Düngemittelgabe verzichtet. Die Nitratgehalte im Grundwasser spiegeln den Erfolg erst zeitversetzt wider, was daran liegt, dass die Verweilzeit des Grundwassers im Hessischen Ried relativ hoch ist. Hier sind Bemühungen zur weiteren Reduzierung des Nitrateintrages für eine nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung umso wichtiger.
Für die kommenden drei Jahre stellt das Land für die gewässerschutzorientierte landwirtschaftliche Beratung Haushaltsmittel von jährlich rund 4,4 Millionen Euro zur Verfügung. Ein nicht unerheblicher Teil davon, rund 660.000 Euro pro Jahr, wird für den Maßnahmenraum „Hessisches Ried“ bereitgestellt. Vergleichbare Projekte werden hessenweit auch in anderen, mit Nitrat belasten Gebieten durchgeführt. Die Vergabe der Beratungsleistungen für 2022 bis 2024 erfolgten jeweils über europaweite Ausschreibungsverfahren.
Die europäische Wasserrahmenrichtlinie fordert für das Grundwasser einen qualitativ guten Zustand bis spätestens 2027. Die praktische Umsetzung der Richtlinie in Südhessen ist Aufgabe des Regierungspräsidiums Darmstadt. Für den Zeitraum bis 2027 wurde das bestehende Konzept der Gewässerschutzberatung für Landwirte überarbeitet und hessenweit an die jeweilige Belastungssituation angepasst. Regierungspräsidentin Lindscheid lobt die Anstrengungen für das Grundwasser als unverzichtbare Ressource. Mit dem Projekt wird das anspruchsvolle Ziel verfolgt, den Anbau von wichtigen Kulturen mit dem Grundwasserschutz in Einklang zu bringen.