Mit seinen Ordensverleihungen möchte der Bundespräsident die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf hervorragende Leistungen lenken, denen er für unser Gemeinwesen besondere Bedeutung beimisst. Ausgezeichnet wurde auch Carsten Woitas, der Herrn Gebhard Jakob Baulig seit mehr als 21 Jahren hingebungsvoll pflegt, versorgt und betreut. Bis vor kurzem übte er die pflegerischen Tätigkeiten ohne Ausnahme aus.
Gebhard Jakob Baulig erkrankte als Kind an Morbus Perthes und ist seitdem pflegebedürftig. Dabei handelt es sich um eine eigentlich meist gutartig verlaufende Wachstumsstörung des Hüftkopfes bei Kindern. Weil die Diagnose aber zu spät erfolgte, beeinflussen die Folgen der Erkrankung bis heute sein Leben: 1997 musste der Pädagoge seinen Beruf aufgeben, er ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Zum ersten Mal begegneten sich die beiden Männer 1998. Carsten Woitas leistete damals seinen Zivildienst bei der Katholischen Kirchengemeinde St. Peter Gelnhausen im Bereich der Behinderten- und Altenbetreuung in Gelnhausen ab und betreute während dieser Zeit auch Gebhard Baulig. Während seines Studiums führte er die Betreuung fort – ehrenamtlich und ohne Unterbrechung. Vom 1. Februar 2011 bis November 2020 wohnten die beiden durch Zufall im gleichen Haus. Seit November 2020 ist Herr Baulig in eine Wohnung in einem Nachbarort umgezogen. Ein schwerer Unfall verschlimmerte seinen Gesundheitszustand drastisch, der Pflegeaufwand vergrößerte sich. Herr Carsten Woitas pflegt, versorgt und betreut Herrn Baulig hingebungsvoll seit mehr als 21 Jahren. Bis vor kurzem (bis zum 1. November 2021) übte er die pflegerischen Tätigkeiten ohne Ausnahme aus – bis dahin kamen beide ohne ambulanten Pflegedienst aus.
Herr Carsten Woitas fährt seinen Freund zu Terminen und begleitet ihn in den Urlaub. Nur wegen dieser andauernden und zuverlässigen Versorgung ist es für Herrn Baulig möglich, möglichst selbstbestimmt in seiner eigenen Wohnung leben zu können. Für ihn ist es nur schwer vorstellbar, in ein Pflegeheim zu ziehen.
Für seine vorbildliche Pflege wurde Carsten Woitas 2017 mit der Pflegemedaille des Landes Hessen ausgezeichnet. Die von Ministerpräsident Volker Bouffier gestiftete Auszeichnung erhalten hessische Bürgerinnen und Bürger für ihre andauernde und unentgeltliche Pflege.
Herr Gebhard Baulig: „Er ist immer für mich da. Dank der Hilfe von Herrn Woitas konnte ich mein Leben bislang weitgehend selbst in den eigenen vier Wänden gestalten. Und trotz einer sich stark verschlechternden Situation, wie einen schweren Unfall während eines Urlaubs im Ausland mit gravierenden Auswirkungen und zwei Schlaganfällen in den vergangenen zwei Jahren und trotz aller zusätzlichen Beeinträchtigungen konnte ich eine Heimunterbringung bislang vermeiden.“ Er weist darauf hin, dass das Ausmaß der Unterstützungsbedürftigkeit den stets hilfsbereiten Herrn Woitas an zeitliche und inhaltliche Grenzen brachte. Eine Tatsache, die ihn dazu veranlasst habe, einen Betreuungsdienst mit in sein Unterstützungskonzept aufzunehmen.
Herr Carsten Woitas: „Die Verleihung der Verdienstmedaille ist für mich eine große Ehre, mit der ich nicht gerechnet hätte. Umso mehr freue ich mich über diese Auszeichnung. Ich habe Gebhard Baulig während meiner Zeit als Zivildienstleistender als einen Menschen kennengelernt, der trotz seiner enormen körperlichen Einschränkungen versucht hat, positiv in die Zukunft zu blicken und darüber hinaus auch noch in einem großen Maße für andere da zu sein und sie zu unterstützen. Auch ich selbst profitierte mehr als einmal davon. Beides hat mich sehr beeindruckt, da Menschen mit seinen Beeinträchtigungen normalerweise alle Hände voll damit zu tun haben, ihr normales Leben einigermaßen erträglich zu gestalten. Leider ereilte Herrn Baulig das Schicksal vieler Menschen, deren Gesundheit sich konstant verschlechtert – die Zahl der Kontakte nimmt kontinuierlich ab. Das hat niemand verdient, da zur gesundheitlichen Beeinträchtigung so noch in gewisser Weise eine soziale hinzukommt.“ Dies sei ein wichtiges Motiv für sein Engagement, denn er sei überzeugt, jeder sollte die Möglichkeit haben, solange es geht, ein weitgehend selbst bestimmtes Leben zu führen, was bei steigenden Einschränkungen eben auch ein steigendes Maß an Unterstützung nötig mache.